Die Bundestagsdebatte zu den Charta-Sprachen in Deutschland
Über zweieinhalb Jahre wurde auf die Bundestagsdebatte zu den Charta-Sprachen in Deutschland hingearbeitet. Schon im November 2014 fand dazu eine Konferenz in Berlin statt, zu der das Grundsatzpapier des Minderheitenrates „Charta-Sprachen in Deutschland – Gemeinsame Verantwortung“ gemeinsam mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten vorgestellt wurde. Dieses umfasst Grundsätze und gemeinsame Zielsetzungen im Bereich der Charta-Sprachen in Deutschland.
Schon im Vorfeld der Konferenz führte das Minderheitensekretariat in Berlin eine Umfrage durch, um das Wissen der Mehrheitsbevölkerung über die Charta-Sprachen in Deutschland zu prüfen:
Das Unwissen und zum Teil die Gleichgültigkeit der Bevölkerung als Ergebnis des Kurzfilms gaben einen guten Anstoß für eine von Bund, Ländern, Minderheiten und Niederdeutsch-Sprechern gemeinsam zu entwickelnde sprachenpolitische Ausrichtung für die Charta-Sprachen in Deutschland, in der sich die gemeinsame Verantwortung widerspiegelt.
Der Schutz der Minderheitensprachen in Deutschland und der Regionalsprache Niederdeutsch ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Er steht in der Verantwortung aller am politischen Umsetzungsprozess der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen Beteiligten.
Als erstes wichtiges Ergebnis ist es gelungen, am 2. Juni 2017 eine Bundestagsdebatte anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen durchzuführen, in deren Rahmen der Bundestag einstimmig einen Antrag der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie vom Bündnis 90/Die Grünen (Drucksache 18/12542) zum Schutz und zur Förderung der Sprachen der anerkannten nationalen Minderheiten – Dänisch, Nord- und Saterfriesisch, Nieder- und Obersorbisch sowie Romanes – und der Regionalsprache Niederdeutsch verabschiedete.
Im verabschiedeten Antrag wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, die politische Partizipation der anerkannten Minderheiten und der Sprechergruppe Niederdeutsch weiter zu stärken. Zudem sei zu prüfen, ob das im Gerichtsverfassungsgesetz geregelte Recht der Sorben, in ihren Heimatkreisen vor Gericht Sorbisch zu sprechen, auf die anderen Minderheiten- und Regionalsprachen ausgeweitet werden kann – eine diesbezügliche Entscheidung steht noch aus.
Inzwischen hat eine Arbeitsgruppe eine Empfehlung dem Bund gegenüber ausgesprochen, weibliche sorbische Nachnamen mit den bisher nicht gestatteten Endungen zu ermöglichen. Eine Annahme der Empfehlung und eine entsprechende Änderung des deutschen Namensrechts und des Minderheiten-Namensänderungs-Gesetzes steht allerdings noch aus. Auch die friesische Volksgruppe hofft auf eine entsprechende Liberalisierung des Namensrechtes und ein Wiedereinführen deren spezifischen Familiennachnamens.
Darüber hinaus soll die Bundesregierung Initiativen zur Förderung von Regional- und Minderheitensprachen in Bildungseinrichtungen, insbesondere Konzepte zur stärkeren Vermittlung in diesen Sprachen an die junge Generation, unterstützen. In diesem Rahmen nahm 2017 das Niederdeutschsekretariat, gefördert vom Bundesinnenministerium, in Hamburg seine Arbeit auf, um den Bundesraat för Nedderdüütsch/Bundesrat für Niederdeutsch konzeptionell und organisatorisch zu unterstützen.
Die Redner*innen aller Fraktionen erinnerten daran, dass sich Deutschland mit der Unterzeichnung der Charta des Europarates und ihrer Ratifizierung im Jahr 1998 dazu verpflichtet habe, Minderheiten- und Regionalsprachen zu schützen und zu fördern. Die Abgeordneten nutzten die Debatte, um große Teile ihrer Reden in ihren regionalen Sprachen und Dialekten zu halten.
Der Bund hat somit seine Pflicht erkannt. Diesem Bespiel müssen nun die Bundesländer und somit der Bundesrat folgen. Denn in Deutschland sind hauptsächlich diese für den Schutz und die Förderung der Minderheiten- und Regionalsprachen zuständig.
Der Minderheitenrat mit seinem Minderheitensekretariat bleibt weiterhin am Ball!
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