Beim Fachtag 2plus am 16. August im Deutsch-Sorbischen Schulkomplex in Schleife stellte Sprachwissenschaftlerin Dr. Jana Schulz (Sorbisches Institut) erstmals öffentlich Ergebnisse aus der Pilotphase der Evaluation der Sprachkompetenzen von Schülerinnen und Schülern an drei sorbisch-deutschen Schulen vor.
Das jährliche Forum 2plus ist eine Veranstaltung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus und des Landesamtes für Schule und Bildung in Kooperation mit dem WITAJ-Sprachzentrum Bautzen. Der Fachtag richtet sich in erster Linie an Schulleiter und Lehrkräfte an den 2plus-Schulen im Siedlungsgebiet. Neben Vorträgen bot der Markt der Möglichkeiten am Nachmittag Gelegenheit zum Voneinander-Lernen und zum Austausch.
Einer der Schwerpunkte in diesem Jahr war die Präsentation von Ergebnisse der im September vergangenen Jahres begonnenen Evaluation der Sprachkompetenzen an sorbisch-deutschen Schulen, die nach dem 2plus-Konzept arbeiten. Dr. Jana Schulz, Sprachwissenschaftlerin am Sorbischen Institut und Projektleiterin, stellte Konzept, Methodik und die wesentlichen Ergebnisse der Pilotphase vor.
Insgesamt 109 Schüler der 9. Klassen des Sorbischen Gymnasiums in Bautzen, der Sorbischen Oberschule in Räckelwitz und der Sorbischen Oberschule in Schleife wurde in der Pilotphase des längerfristig angelegten Vorhabens auf Grundlage des Sprachzertifikats Niveau B1 in Obersorbisch getestet. Außerdem wurde mittels Fragebogen erstmals ausgewählte sprachenbiographische Daten erhoben, um die Ergebnisse entsprechend einordnen zu können.
Sprachbiographie
Der Anteil der Schülerinnen und Schüler der Sprachgruppe A, die Sorbisch in der Familie und im Alltag anwenden, beträgt 45 Prozent. Der Anteil der Sprachgruppe B aus gemischten (zwei- und mehrsprachigen) Elternhäusern beträgt 24 Prozent, und der Anteil der Sprachgruppe C, bei der die Kontaktzeit meist auf den institutionellen Spracherwerb beschränkt ist, beträgt 31 Prozent.
Welche Sprachkompetenzen erreichen die Schülerinnen und Schüler der 8. Klassen (2022/23 der Pandemie wegen der 9. Klasse) in den Bereichen verstehendes Hören und Lesen, Sprechen und Schreiben?
Jana Schulz berichtete über das sehr breite Spektrum der erreichten Punktzahl: der höchste Wert liegt bei 79 von 80 möglichen Punkten und der niedrigste bei elf Punkten. Dennoch bewertet das Projektteam den Mittelwert aller Schülerinnen und Schüler von 59,1 Punkten als solide. Weiter beleuchtete Schulz die Ergebnisse zu den einzelnen Kompetenzbereichen, die im Rahmen der Evaluation getestet wurden. Die Projektgruppe stellte fest, dass die Schülerinnen und Schüler im verstehendem Hören am besten abschneiden, am schlechtesten beim verstehenden Lesen. Hervorzuheben ist ebenfalls das besonders breite Spektrum der Ergebnisse in den Bereichen Sprechen und Schreiben. Hier reichen die Ergebnisse von voller Punktzahl bis zu 0 Punkten.
Erreichen die Schülerinnen und Schüler der 8. Klassen das Niveau B1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens? (mit differenzierten Aussagen hinsichtlich Gesamtbild, Schule, Klasse und Sprachgruppe)
Insgesamt 71,74 % der Schülerinnen und Schüler haben das Sprachzertifikat auf dem Niveau B1 bestanden, davon 51,1 % mit dem Prädikat „sehr gut“, 9,8 % mit „gut“, und jeweils 5,4 % mit „befriedigend“ und „ausreichend“. Außerdem geht aus dem Bericht hervor, dass alle Muttersprachler, also Schülerinnen und Schüler der Sprachgruppe A, bestanden haben. Aus der Sprachgruppe B haben 80 % bestanden und aus der Sprachgruppe C 26,67 %.
Fazit
„Die Ergebnisse der Evaluation bestätigen nach Meinung unserer Projektgruppe das Konzept „2plus“ als solides Konzept zum deutsch-sorbischen beziehungsweise sorbisch-deutschen Spracherwerb”, stellte Jana Schulz fest.
Die nächsten Schritte
Die bisherigen schulspezifischen Ergebnisse wird die Projektgruppe im September schulintern vorstellen und besprechen. Dazu wurden jeweils differenzierte didaktisch-methodische Empfehlungen formuliert.
Neben der Erarbeitung eines Konzeptes für die nächste Evaluationsrunde will die Projektgruppe vor allem bestimmte Aufgaben statistisch überarbeiten, die Erhebungsinstrumente präzisieren und die digitale Durchführung bestimmter Aufgaben berücksichtigen. Ab 2023 sollen regelmäßig die Sprachkompetenzen der Schülerinnen und Schülern der 8. Klassen festgestellt werden. Dies betrifft sieben Schulen im sorbischen Siedlungsgebiet im Freistaat Sachsen.
Allgemeines zum Projekt
Das Sächsische Kultusministerium ist Auftraggeber und fördert das Projekt finanziell. Die wissenschaftlichen Untersuchungen führen die Sprachwissenschaftler des Sorbischen Instituts in Bautzen, Dr. Jana Schulz, Dr. Lenka Scholze und Jan Bogusz, durch. Ebenfalls am Projekt beteiligt ist Manuela Schmole vom WITAJ-Sprachzentrum. Gemeinsam mit ihrem Team ist sie unter anderem für die Erarbeitung von Tests zur Zertifizierung sorbischer Sprachkompetenzen verantwortlich. Weitere Projektpartner sind die Erziehungswissenschaftler der Universität Leipzig, Prof. Jonas Flöter und Anna Baunack, sowie der Statistiker Dr. Christof Nachtigall von der Universität Jena. Das Landesamt für Schule und Bildung in Bautzen unterstützt die komplexe Untersuchung konzeptionell.
Weiterlesen
Projektbeschreibung und Medieninformation zum Projektbeginn (vom 5.9.2022)
Programm des Fachtages 2plus am 16.8.2023
(Quelle: Pressemitteilung Serbski institut/Sorbisches Institut, 18.08.2023)
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