28/03/2025
Die Bildungsministerkonferenz und der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma haben erstmals gemeinsame Empfehlungen zur Prävention und gezielten Bekämpfung von Antiziganismus in Schulen beschlossen und vorgestellt.

Gemeinsame Empfehlung zum Umgang mit Antiziganismus in der Schule – Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und Bildungsministerkonferenz einig: Unverzichtbarer Teil der Lehrpläne

 „Schulen müssen antiziganismuskritische und antiziganismusfreie Lernräume sein und dadurch auch Chancengleichheit für alle Kinder und Jugendlichen gewähren“, heißt es in den Empfehlungen. Kinder und Jugendliche sollten ein Bewusstsein entwickeln und dafür eintreten, Sinti und Roma in der Gesellschaft vor Diskriminierung zu schützen.

Die Präsidentin der Bildungsministerkonferenz, Ministerin Simone Oldenburg, betont: „Die Bekämpfung von Antiziganismus ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die im Elternhaus beginnt und sich in unseren Schulen fortsetzt. Wir müssen feststellen: Antiziganismus kommt in allen Lebensbereichen vor. Leider begegnet uns in Schulen gesellschaftlich tradierter Antiziganismus bis heute in unterschiedlichsten Formen. Unsere Schulen sollen hingegen Orte der Vielfalt und des Respekts sein, in denen jede und jeder Einzelne frei von Vorurteilen lernen und sich entwickeln kann. Wir alle sind gefordert, Antiziganismus in jeder Form entschieden entgegenzutreten. Die heute vorgestellten Empfehlungen sind dafür unerlässlich.“

Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma: „Der Antiziganismus ist in sämtlichen Lebensbereichen wirkmächtig und manifestiert sich in Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt, auch in deutschen Schulen. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die betroffenen Personen, sondern auf die gesamte Gesellschaft.
Antiziganismus steht im Widerspruch zu den Werten unserer Demokratie und dem Prinzip der gleichberechtigten Teilhabe an Bildung, das unser Rechtsstaat garantiert. Die ‚Gemeinsame Empfehlung des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma und der Kultusministerkonferenz zum Umgang mit Antiziganismus in der Schule‘ und die damit einhergehende Selbstverpflichtung der Länder zu deren Umsetzung ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung der politischen Bildung und Bekämpfung von Antiziganismus in deutschen Bildungseinrichtungen.“

Dr. Stefanie Hubig, Koordinatorin der A-Länder, rheinland-pfälzische Bildungsministerin: „Vorurteile abbauen, Empathie fördern, Bewusstsein für die Rechte und den Wert aller Menschen schaffen – das ist der Kern der Erinnerungsarbeit und Demokratiebildung in unseren Schulen. Deshalb ist es wichtig, dass wir nicht nur die Verfolgung und Ausgrenzung der Sinti und Roma im Unterricht behandeln, sondern auch ihre lebendige Kultur. Das ist für mich nicht nur eine Frage von Bildung, sondern auch der sozialen Gerechtigkeit. Denn jedes Kind hat das Recht, in einer Gesellschaft aufzuwachsen, die frei von Diskriminierung und Vorurteilen ist.“

Karin Prien, Koordinatorin der B-Länder, Ministerin für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein: „Ausgrenzung und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sind eine Gefahr für unsere Demokratie, weil sie den Einzelnen seiner Menschlichkeit berauben und auf die Zuordnung zu einer ethnischen Gruppe reduzieren. Unsere Schulen sind Räume voller Respekt und sollen dies auch vermitteln. So, wie es auch beim Kampf gegen den Antisemitismus in unseren Leitfäden und Fachanforderungen vorgesehen ist, muss gerade bei der schulischen Behandlung des Nationalsozialismus auch die systematische Ermordung und Vertreibung von Sinti und Roma Teil der Erinnerungskultur sein. Gleichzeitig gilt es auch Wissen über die Alltagskultur zu vermitteln. Schleswig-Holstein hat schon 2012 die Sinti und Roma als nationale Minderheit in die Landesverfassung aufgenommen.“

Die wesentlichen Inhalte der Empfehlungen:

  1. Sensibilisierung und Wissen: Die Empfehlungen betonen die Notwendigkeit, Wissen über Antiziganismus zu verbreiten und Sensibilität für seine verschiedenen Erscheinungsformen zu schaffen. Dies ist entscheidend, um Antiziganismus pädagogisch kompetent entgegenwirken zu können.
  2. Verpflichtender Lehrplaninhalt: Die Thematisierung der Verfolgung und des Holocaust an Sinti und Roma ist unverzichtbarer Teil der Lehrpläne. Dabei darf die Auseinandersetzung nicht auf die Opferperspektive reduziert werden.
  3. Selbstermächtigung und Widerstand: Die Empfehlungen heben die Bedeutung der Vermittlung von Formen der Selbstermächtigung und des Widerstands von Sinti und Roma hervor. Auch der integrale Beitrag von Sinti und Roma zur Kultur Deutschlands soll sichtbar gemacht werden.
  4. Zusammenarbeit mit Selbstorganisationen: Die Konferenz empfiehlt die Zusammenarbeit mit Sinti-und-Roma-Selbstorganisationen sowie Antidiskriminierungsstellen, um eine umfassende Aufklärung und Unterstützung zu gewährleisten.
     

Die Bildungsministerkonferenz wird die Umsetzung der Empfehlungen in den einzelnen Ländern unterstützen und mit einem gewissen Abstand evaluieren, um zu ermitteln, ob das Ziel einer nachhaltigen Bekämpfung von Antiziganismus in Schulen erreicht wird.

Die gemeinsame Empfehlung zum Download

Hintergrund: 
Im Dezember 2022 hatten die Kultusministerkonferenz, der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und das Bündnis für Solidarität mit den Sinti und Roma Europas eine gemeinsame Erklärung zur Vermittlung der Geschichte und Gegenwart von Sinti und Roma in der Schule (Beschluss der KMK vom 08.12.2022) veröffentlicht.

(Quelle: KMK, 21.03.2025)